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2012-01-31

Wo Christen Bauleute waren (Sächsische Zeitung - Kamenz)

Von Carolin Barth

Den Christlichen Verein Oberlichtenau gibt es seit 20 Jahren. Seitdem wurde über eine Million Euro ins Ortsbild investiert.

Wenn Bibelgärtner Maik Förster auf die vergangenen 20 Jahre zurückschauen will, geht er vor die Tür. Er blickt hinauf zum Jugendhaus der Westlausitz, eines der ersten evangelischen Jugendhäuser der neuen Länder. Er geht vorbei an der sanierten Pfarrscheune und der vor dem Verfall bewahrten Schlossgärtnerei. Die Geschichte des Christlichen Vereins Oberlichtenau ist eine Geschichte über Aufbruchstimmung nach der Wende, über Mut und Spontaneität, übers Bauen und Anpacken, über Fördergelder und Denkmalschutzauflagen. „Obwohl das ja so nicht geplant war“, sagt Maik Förster. Denn die Geschichte des Vereins ist zunächst eine über offene Jugendarbeit. „Die Wurzeln liegen im Oberlichtenauer Teekeller.“ In diesem kleinen Raum unter der Pfarrscheune, in dem sich in den 1980er- Jahren junge Christen und Nichtchristen trafen. Sie hatten null Bock auf Disco und Alkohol, dafür große Lust aufs Diskutieren und Bibellesen. „In der DDR konnten wir kein Verein sein“, so Förster. Doch die neue Zeit machte es möglich, am 16. Februar 1992 gründete sich der Christliche Verein Oberlichtenau (CVOL) mit damals zehn Mitgliedern. „Wir hatten uns weiterhin christliche Jugendarbeit auf die Fahnen geschrieben.“ Die benötigte Platz, das große Bauen ging los. Bis heute investierte der CVOL inklusive Fördergelder rund eine Million Euro. Er baute neu, rettete Denkmäler vor dem Verfall, verschönerte das Ortsbild. „Auf der Suche nach eigenen Räumlichkeiten bauten wir 1992 ein Holzhaus auf dem Pfarrgrundstück“, sagt Förster. Dass dies der CVOL heute nicht mehr nutzen kann, sagt er ohne Bitterkeit. Denn die Geschehnisse machten noch mehr möglich: 1994 wagte sich der Verein an einen Neubau für ein evangelisches Jugendzentrum. Öffentliche Gelder für die Jugendförderung saßen damals locker. Die Christen konnten investieren, weil sie von unbürokratischen Entscheidungen profitierten. Aber auch, weil ihre Konzepte überzeugten.

Haus lebt von Jugendlichen

Mit der angeschlossenen Feriensiedlung Pulsnitztal lebt das Dr.-Erich-Stange-Haus bis heute von und mit Jugendlichen. „Hier finden Angebote wie Musikschule, Sport, Jugendleiterausbildung und Kinderferiencamps statt. Und junge Leute bringen hier Senioren erfolgreich bei, wie ein Computer funktioniert“, sagt Maik Förster. Nachdem 1995 die Pfarrscheune modernisiert worden war, kaufte der Christliche Verein zwei Jahre später die ehemalige Schlossgärtnerei, um auch diese zu sanieren. Heute stehen in ihrem Keller 7500 Bücher in der Bibliothek dicht gedrängt, momentan entsteht ein neues Ikonenmuseum. Auf dem Gelände der Schlossgärtnerei entstand der Bibelgarten, der den heute 60-köpfigen Verein überregional bekannt machte und jährlich Tausende Besucher nach Oberlichtenau zieht. Das ehemalige Gewächshaus wurde zur Keramikwerkstatt umgebaut, Jugendliche betreiben eine Fahrradwerkstatt. Wie viele Stunden Eigenleistung und Schweiß in all den Baustellen stecken oder wie viele Eimer Dreck und Müll aus maroden Mauern herausgetragen wurden, kann Maik Förster nicht sagen. Doch die Arbeit lohnte. „Während wir vor 20 Jahren sehr skeptisch beäugt wurden, haben wir unseren Platz nun gefunden.“